Mit Respekt geht alles viel besser

ERINNERUNG: Beim Gedenkakt zum 26. Jahrestag des Brandanschlags auf das „Habermeier-Haus“ appellierten alle Teilnehmer an Toleranz und Menschlichkeit

Heitere Akzente zu einem ernsten Thema: Die Schülerinnen der Mädchenrealschule St. Josef verbreiteten beim Gedenken Optimismus. Foto: Zwick

Von Reinhold Willfurth

Schwandorf. Vor der Spitalkirche herrschte trübes Dezemberwetter, drinnen gedachten die Gäste einer der dunkelsten Stunden der Stadtgeschichte. Die Schülerinnen der Mädchenrealschule St. Josef aber sorgten beim Finale der Gedenkakte zum Jahrestag des Brandanschlags von 1988 für eine optimistische, ja heitere Stimmung.

Mit ihrem Tanzstück „Together we are one“ drückten die Mädchen auf spielerische Weise das aus, was alle Redner vor ihnen mit Worten umschrieben hatten: Nur wer seinen Mitmenschen mit Respekt begegnet, darf sich als wirklicher Mensch bezeichnen. Dass dies auch ganz im Sinne des Christentums und des Islams ist, unterstrichen der katholische Dekan Hans Amann, der evangelische Pfarrer Arne Langbein und Imam Hakif Sekman bei ihrem Friedensgebet.

Seitdem der Stadtrat vor fünf Jahren beschloss, alljährlich an die Brandstiftung des Schwandorfer Rechtsextremen Josef Saller zu erinnern, bei der vier Bewohner des „Habermeier-Hauses“ starben, darunter drei Schwandorfer mit türkischen Wurzeln, ist die Erinnerung an den 17. Dezember 1988 wieder lebendig geworden. In der Spitalkirche waren beim Gedenkakt jedenfalls nur mehr Stehplätze zu vergeben.

Der türkische Generalkonsul in Nürnberg, Asip Kaya, sagte, dass der Anschlag von Schwandorf leider kein Einzelfall rassistischer Gewalt in Deutschland gewesen sei. Die Morde des NSU seien davon nur das schlimmste Beispiel. Derzeit bereiteten die Proteste von „Pegida“ und der Brandanschlag von Vorra Sorgen.

Auch Oberbürgermeister Andreas Feller verwies angesichts des Brandanschlags in Vorra auf die Aktualität der Gedenkveranstaltung. In Schwandorf habe man die „schreckliche Brandnacht“ nicht vergessen. Unmissverständlich machte Feller klar, dass man jedem Versuch, mit rechtsextremem Gedankengut in Schwandorf Fuß zu fassen, „mit Entschlossenheit entgegentreten“ müsse. Feller: „Die Werte unserer Demokratie – Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung vor der Menschenwürde – gelten für alle“.

Wie sich ein Vorurteil in Wohlgefallen auflösen kann, zeigten wieder die Realschülerinnen mit der witzig erzählten Geschichte um „Heinz“, der sich in einem Gasthaus um seine Suppe betrogen sieht – ausgerechnet von einem Schwarzen. Bevor Heinz der Kragen platzt, sieht er gerade noch rechtzeitig ein, dass der Fehler bei ihm lag – und sich sogar eine Freundschaft mit dem freundlichen Mann mit der anderen Hautfarbe anbahnen könnte.

 

Chronologie

> Am 17. Dezember 1988 legte der 19-jährige Maler- und Lackiererlehrling Josef Saller Feuer im Eingang des „Habermeier-Hauses“.

> Vier Menschen konnten sich nicht mehr retten. Osman und Fatma Can, ihr Sohn Mehmet sowie Jürgen Hübener starben in den Flammen. Zwölf Personen wurden teils schwer verletzt.

> Der Brandanschlag war die erste rassistische Gewalttat nach dem Krieg, bei dem Menschen zu Tode kamen.

> Erst in jüngster Zeit gedenkt man der Opfer. 2007 wurde eine Tafel am Tatort angebracht. Seit 2009 findet jeweils am 17. Dezember eine Gedenkveranstaltung der Stadt statt.

> In Amberg kam es 1995 zu einem rechtsextremen Anschlag: Ein 49-jähriger Homosexueller wurde zu Tode geprügelt und in die Vils geworfen.

> Ein rassistischer Angriff auf ein von einem Bürger mit türkischen Wurzeln geführtes Lokal in Amberg folgte 2014.

 

Text: Reinhold Willfurth, MZ, 18.12.2014

Fotos: Dietmar Zwick, MZ, 18.12.2014


BILDERGALERIE


 

PRESSE (Neuer Tag, Ausgabe vom 19.Dezember 2015)