„Denket daran, wie wir hier starben!“

Besuch der Gedenkstätte Dachau

Als wir ankamen, sah man von außen nur eine Mauer und einen Wachturm - und ein Stück eines Eisenbahngleises, wo früher einmal die Gefangenen ankamen.
Das Eingangstor, auf dem „Arbeit macht frei“ steht, war der Ort, bei dem die Häftlinge drei Dinge abgeben mussten: Ihre Rechte, ihr Eigentum und ihre Menschenwürde. Tag für Tag schufteten sie unter entsetzlichen und grausamen Bedingungen - an Freiheit war dabei sicher nicht zu denken.

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Als wir dann hineingingen, standen wir unmittelbar auf dem großen Appellplatz, auf dem sich morgens wie abends die Häftlinge versammelten, um durchgezählt zu werden oder manchmal auch Strafen abzustehen, wenn z.B. einer von ihnen fehlte. Im Wirtschaftsgebäude erfuhren wir viel über den Einlieferungsprozess; die Insassen mussten bei ihrer Ankunft ihren gesamten Privatbesitz abgeben, der Kopf wurde komplett rasiert und dann bekam jeder die gleiche Häftlingskleidung. Somit wurde ihnen jegliche Individualität genommen und gleichzeitig ließen sie das Leben, welches sie bisher hatten, endgültig hinter sich. Zudem wurde ausführlich besprochen, dass man schon wegen kleinster Vergehen, wie einem abgerissenen Knopf, massive Strafen bekommen konnte, wie beispielsweise das „Baumhängen“: Man band dem Häftling die Hände auf dem Rücken zusammen und hängte ihn mit verdrehten Armen an einen Pfahl oder die Decke des Häftlingsbads. Wenn dieser sich dabei Verletzungen zuzog und nicht mehr arbeitsfähig war, war er für die SS von keinem Nutzen mehr, was letztlich das Todesurteil bedeutete. Folterungen waren an diesem Ort an der Tagesordnung und für die SS-Soldaten auch Zeitvertreib. Manchmal warfen sie die Mützen von KZ-Häftlingen in den sogenannten Todesstreifen am Lagerzaun, die Zone, in der man unter Beschuss stand, falls man sich dort befand. Der Häftling konnte sich entscheiden, sich in Lebensgefahr zu begeben oder sich eine Strafe abzuholen wegen des fehlenden Kleidungsstücks.
Wir saßen lange in der Baracke, die am Rande des Appellplatzes wieder aufgebaut worden war. Hier sprachen wir über den Alltag der Häftlinge und diskutierten über die Frage, was ein Häftling wohl zum Überleben brauchte – neben Gesundheit und körperlicher und psychischer Stärke sicherlich auch die Erfahrung von Solidarität durch andere Gefangene. Das Arbeitskommando, in das ein Häftling eingeteilt wurde, entschied oftmals darüber, wie groß die Chance auf Überleben war.
Im Grunde genommen war das Konzentrationslager eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod. Die Gefahr ging nicht nur von der unmenschlichen Arbeit oder den Schikanen der SS-Leute aus, sondern später auch von dem wahnsinnigen Hunger. In den letzten Monaten vor der Befreiung verschlechterten sich die Lebensbedingungen noch einmal rapide durch immer neue Häftlingstransporte, die ankamen. Die Versorgung war äußerst schlecht und Krankheiten wie Typhus breiteten sich aus.
Zuletzt gingen wir zu den Krematorien und der Gaskammer, welche für die meisten mit Abstand der furchtbarste und ekelerregendste Ort war. Man konnte in die Öfen hineinsehen, in denen die Menschen verbrannt wurden. Auf Fotos konnten wir erkennen, wie sich nun die Leichen stapelten, weil man am Ende mit dem Verbrennen der vielen Toten gar nicht mehr hinterherkam.
An diesem Tag wurden von allen viele Eindrücke gesammelt, die jeden auf seine eigene Weise beschäftigt haben. Der Besuch im KZ-Dachau war eine interessante Veranschaulichung des Unterrichts, in dem man alle möglichen Fragen stellen konnte und gleichzeitig ein unvergleichbares Zeugnis der Brutalität und Angst, die dort, gar nicht mal so lange Zeit her, über allem regierte.
Doch was können wir aus dieser Geschichte für unsere heutige Zeit mitnehmen? Diese Fragen diskutierten wir am Tag darauf im Klassenzimmer. Wir setzten uns mit unseren Erfahrungen zu Diskriminierung und Zivilcourage auseinander, dem neuen Rechtspopulismus und der Gefährdung von Demokratien in der heutigen Zeit.
Kann man aus Geschichte lernen? – Wir alle hoffen es zumindest.